Die Zivilgesellschaft wehrt sich gegen einschüchternde Klagen
Wie eine Umfrage von HEKS bei elf NGOs aufzeigt, haben solche SLAPPs in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Während zwischen 2000 und 2010 nur zwei Klagedrohungen registriert wurden, sahen sich die befragten NGOs seit 2010 mit 17 solchen juristischen Einschüchterungsversuchen konfrontiert. Seit 2018 wurden zudem rund ein Dutzend Klagen eingereicht, wovon mehrere noch dieses Jahr vor Gericht verhandelt werden.
Was will die «Schweizer Allianz gegen SLAPPs»?
Rund ein Dutzend Organisationen, darunter auch HEKS haben im Sommer dieses Jahres den Verein «Schweizer Allianz gegen SLAPPs» gegründet, mit dem Ziel die Öffentlichkeit für SLAPPs zu sensibilisieren, über aktuelle SLAPP-Fälle zu berichten, sich für eine bessere Anti-SLAPPs-Gesetzgebung einzusetzen und SLAPP-Betroffene im Notfall mit einem Unterstützungsfonds unter die Arme zu greifen. Der Verein möchte somit die Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Teilnahme an der öffentlichen Diskussion schützen und fördern. Denn die Zivilgesellschaft lässt sich nicht den Mund verbieten, vor allem nicht, wenn es um faktenbasierte Recherchen geht, die von öffentlichem Interesse sind.
Ein symbolisches Regenwaldtribunal
Aktuell ist der «Bruno Manser Fonds» (BMF) von einer solchen SLAPP-Klage betroffen. Die Basler NGO wurde seit August 2018 zweimal zivil- und einmal strafrechtlich verklagt, nachdem sie über Korruptionsvorwürfe im Tropenholzhandel in Sarawak (Malaysia) berichtet hatte. Aktuell ist noch eine zivilrechtliche Klage hängig, bei der u.a. die Tochter des Gouverneurs von Sarawak behauptet, dass die mutmasslichen Korruptions- und Geldwäschereivorwürfe aus den Berichten des BMF persönlichkeitsverletzend seien. Während das Basler Zivilgericht darüber entscheiden wird, warten die Indigenen von Sarawak nach vier Jahrzehnten der Abholzung ihres Regenwaldes noch immer auf eine Wiedergutmachung. Vor diesem Hintergrund organisierte der «Bruno Manser Fonds» das «Regenwaldtribunal», ein politisches Theater mit Präsidium, Untersuchungsleitung, Zeugenbefragungen und einer hochkarätigen Jury, um die Geschehnisse aufzuarbeiten und in einen grösseren Kontext zu setzen. Es wurden Fragen diskutiert, wie: Wer ist für diese Umweltkatastrophe verantwortlich? Was sind die Folgen für Mensch, Natur, und Klima? Wie kann diese Abholzung wiedergutgemacht werden? Mit in der Jury sass Nina Burri, HEKS-Fachperson für Wirtschaft und Menschenrechte, welche das Tribunal mit den Worten schloss: «Die Landrechte müssen den Indigenen zurückgegeben werden, denn sie sind die besten Hüter:innen des Regenwaldes.»
Während diese Menschen ihr Ökosystem, ihr Land und ihre Natur verloren haben, und bis heute keine Wiedergutmachung erhalten haben, werden in der Schweiz NGOs mit rechtlichen Verfahren und hohen Kosten eingeschüchtert, nur weil sie die Geschichten dieser Menschen erzählen.