Die Botschaft des Basodino-Gletschers
In Zusammenarbeit mit der Klima Allianz und der Gletscherinitiative haben wir von Brot für alle auch dieses Jahr wieder eine Gedenkfeier am Gletscherfuss organisiert, um die Bevölkerung zu alarmieren. Wir sind rund 200 Personen, die sich hier zusammengefunden haben. Dabei habe ich einen Mann kennengelernt, der die Region bestens kennt: Seit 30 Jahren misst der Tessiner Glaziologe Giovanni Kappenberger die Dicke des Eises. «Seit dem Beginn der Industrialisierung hat der Basodino-Gletscher 80 Prozent seiner Masse verloren. In 20 Jahren wird er vollständig verschwunden sein», erklärt der Wissenschaftler. Wenn nichts zur Eindämmung des Temperaturanstiegs unternommen werde, führt er weiter aus, werde es in der Schweiz bis ins Jahr 2100 gerade noch ein Dutzend geschrumpfter Gletscher geben.
Die Zeremonie beginnt. Die Lieder, die ein lokaler Chor anstimmt, klingen mal besinnlich, mal fröhlich. Dann ist es Zeit für die Reden: Sanju Maharjan Marzi aus Nepal erinnert uns daran, dass der Klimawandel vor allem die Länder des Südens betrifft, ganz besonders auch sein Heimatland: «In Nepal gehen die Regenfälle im Frühjahr zurück, während sie im Sommer immer stärker werden. Die Folgen sind Erosion sowie die Zerstörung von Häusern, Strassen und Ernten.»
Nun bin ich an der Reihe, ich halte eine kurze Rede auf Italienisch (zum Glück haben mir meine Tessiner Freundinnen und Freunde bei der Übersetzung geholfen). Meine Botschaft: «Klimagerechtigkeit heisst, dass die Länder im Norden nicht nur ihre Emissionen reduzieren, sondern auch die Menschen im Süden bei den Anpassungen an den Klimawandel unterstützen.»
Wir schliessen die Zeremonie mit einem Segen und einer symbolischen Handlung ab: Jeder trägt einen Stein zum Bau einer Stupa bei. Auf dem so entstandenen Steinhaufen, wie man sie in Nepal findet, bringen wir eine Gedenktafel an.
Wichtige Klimaentscheide
Wir haben diese Feier nicht zuletzt deshalb organisiert, weil der diesjährige Herbst für die Schweizer Klimapolitik ein wichtiger Herbst sein wird. Obschon das CO2-Gesetz im Juni von den Stimmberechtigten bachab geschickt wurde, gibt es hoffnungsvolle Zeichen: Erst kürzlich hat die Landsgemeinde in Glarus einem Gesetz zugestimmt, das künftig Öl- und Gasheizungen verbietet. Auf Bundesebene diskutiert das Parlament in der kommenden Session einen Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative (die Netto-Null bis 2050 sowie ein Verbot fossiler Energie anstrebt), und in den Kantonen Bern und Zürich stehen wichtige Abstimmungen zu Klimafragen an. Wir können nur hoffen, dass die Entscheidungen unserer Politikerinnen und Politiker sowie jene der Bevölkerung den Herausforderungen im Kampf gegen den Klimawandel und den Gletscherschwund gerecht werden!